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Innichen, 20. Juni 2019 – Die Welt dreht sich gefühlt immer schneller. Der Alltag wird zusehends hektischer. Einst klare Grenzen zwischen Arbeitswelt und persönlichem Umfeld, zwischen Arbeits- und Freizeit vermischen sich immer mehr. Viele Menschen spüren deshalb eine tiefe Sehnsucht, das Leben und vor allem sich selbst wieder mehr zu spüren. Sie wünschen sich Entschleunigung und Besinnung auf das Wesentliche. Eine Pilgerwanderung kann bei dieser Suche nach Orientierung und dem Bedürfnis nach Begegnung mit der Natur, mit Gleichgesinnten und nicht zuletzt mit Gott behilflich sein – etwa auf dem Bergpilgerweg Hoch und Heilig, der durch Osttirol, Südtirol und Kärnten führt.

Seit der Mensch glaubt, begibt er sich auch auf Pilgerreisen. Schon in der Antike machten sich Menschen auf, um bestimmte Höhlen aufzusuchen, die den Göttern geweiht waren und als heilige Orte galten. „Pilgern“ leitet sich vom lateinischen Wort „peregrinare“ her. Es bedeutet „per ager“, „außerhalb des Landes“ unterwegs sein. Bald wurde darunter jemand verstanden, der aus religiösen Gründen in die Fremde zieht, der eine Wallfahrt zu einem Pilgerort unternimmt. Seit einigen Jahren ist das Pilgern wieder stark in Mode gekommen – auch in Europa. Viele Suchende waren oder sind etwa auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela im spanischen Galicien unterwegs.

So weit muss man aber gar nicht reisen, um in sich zu kehren. Um Ruhe und Gelassenheit zu erspüren. Um der Natur, um Gott zu begegnen. Hoch und Heilig heißt der neue Bergpilgerweg, von dem einzelne Pfade aber schon seit Menschengedenken bestehen. Der Bergpilgerweg Hoch und Heilig beginnt in Lavant in Osttirol und führt auf neun Etappen mit einer Gesamtlänge von 190,9 Kilometern, über 13.000 Höhenmetern im Aufstieg und fast ebenso vielen Höhenmetern im Abstieg (zirka 12.400) über St. Korbinian, Maria Luggau und St. Oswald bis nach Innichen in Südtirol. Von dort geht es wieder zurück nach Osttirol: Kalkstein, St. Jakob in Defreggen, Obermauern und Kals heißen die weiteren Etappenorte, ehe der Bergpilgerweg im in Kärnten gelegenen Zielort Heiligenblut am Fuße des Großglockners nach etwas mehr als einer Woche endet.

Jahrhundertealte Pilgerstätten und erhabene Berglandschaften

„Für die Pilger geht es vorbei an jahrhundertealte Pilgerstätten, Wallfahrtskirchen und Kapellen. Er folgt auf weiten Strecken ursprünglichen Wallfahrtswegen und ist dabei Spirituellem, Historischem und kulturellen Schätzen auf der Spur. Er durchmisst erhabene Berglandschaften, sanfte Almen und stille Täler, führt vorbei an traditionellen Bergdörfern und lässt an tosenden Wassern einen Hauch von Ewigkeit spüren“, heißt es auf der informativen und graphisch ansprechenden offiziellen Webseite www.hochundheilig.eu vielversprechend.

Technisch ist der Bergpilgerweg Hoch und Heilig von jedem Wanderer zu meistern, der über eine solide Grundkondition und Trittsicherheit verfügt. „Die ersten fünf Etappen sind leicht bis mittelschwer. Die letzten vier Teilstücke sind wesentlich anspruchsvoller. Es geht zum Teil durch hochalpines Gelände, die Streckenlänge liegt jeweils über 20 Kilometer und es gilt täglich mindestens um die 1500 Höhenmeter allein im Aufstieg zu bewältigen“, erklärt Gabriel Fauster vom Tourismusverein Innichen, der in engster Zusammenarbeit mit dem Bildungshau Osttirol an der Umsetzung dieses Interreg-Projektes beteiligt war.

Raum finden für Begegnung und Gebet

Auf dem fast 200 Kilometer langen Weg durch die unberührte Natur Osttirols, Südtirols und Kärntens erreichen die Pilger uralte Wallfahrtsorte, traditionelle Bergdörfer und sakrale Schätze. Alles inmitten der intakten Umwelt im Grenzgebiet zwischen Österreich und Italien. „Es ist ein Stückchen heile Welt, in dem der Pilger seine Gedanken neu sortieren kann. Fernab von den Konflikten und Krisen unseres Planeten, vielleicht aber auch der eigenen Existenz“, meint Fauster weiter.

Weitere Beweggründe, um den Pilgerweg zurückzulegen? Raum finden für Begegnung und Gebet. Eine Auszeit nehmen in Bergstille. Kraft schöpfen für den Alltag. Einen Alltag, der einen nach neun Tagen zwar wieder einholt. Einen Alltag, dem man dann aber wahrscheinlich mit ganz anderen Augen sieht.

Foto: TV Innichen

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